Besinnliche Weihnachten (2)

Es beginnt schon im November. Die Menschen sind im Weihnachtsstress. Wird das von Jahr zu Jahr mehr? Ich habe den Eindruck. Der Einzelhandel tut das Seinige dazu: Sogar bereits Anfang September locken Lebkuchen und Schokoladenweihnachtsmänner in den Regalen der Supermärkte und warten. Spätestens ab November trifft man auf die Gehetzten… „vor Weihnachten geht gar nichts mehr“… bekommt man zu hören oder „doch nicht mehr vor Weihnachten?“ „wir sind in der Endphase des Jahres“… „im Moment haben wir gar keine Zeit.. “ Ist Weihnachten nicht auch manchmal ein willkommener Vorwand? Es gibt immer Grund für „keine Zeit“. Es ist kurz vor oder nach Ostern, zu viele Feiertage im Mai, mal ist es zu heiss, dann zu kalt oder zu naß. Es friert, es schneit, die Bahn streikt. Sommerferien, Wintereinbruch. Sturm und Hagel oder Schnee. Es gibt immer einen Grund für Aufregung, Zeitdruck und Stress, etwas abzuwimmeln.

Dem möchte ich mit dieser Geschichte entgegenwirken, zumindest einmal Ihre Gedanken in eine andere Richtung lenken, nämlich auf die Weihnachtsfreude, das Erwarten, die Liebe in dieser ganz besonderen Zeit. Es kann doch nicht sein, dass Weihnachten nur noch Hektik und Unruhe bedeutet. Das ist wahrhaftig nicht der Sinn.

Ich gebe zu, es gibt Branchen, die in der Vorweihnachtszeit besondere Hochkonjuntur haben, unser Schokoladendrucker zum Beispiel, die Blumenläden, die Lebensmittel-Geschäfte, der Einzelhandel. Die Märkte. Die Friseure ;-). Die Drucker. Oder Menschen, die immer besonderen Dienst haben, Krankenhäuser, die Polizei, Notdienste. Sie haben wirklich erst in letzter Minute Feierabend, um 14h am Heiligen Abend – oder müssen auch an Feiertagen zur Stelle sein, um das System aufrechtzuerhalten. Sogar zwischen den Feiertagen, wo viele frei haben. Und auch Silvester. Und doch gibt es Viele mit normalen Arbeitszeiten, freien Wochenenden und Feiertagen. Und auch die oben erwähnten haben freie Zeiten…

Gestern sprach ich mit einem Vater von drei Kindern. Er erwähnte die Weihnachtsfeiern in der Schule, die Aufführungen, das Kekse backen. Alles zu viel. Und die Aufregung der Kinder, die Vorfreude. Jeder habe andere Bedürfnisse, sagte er. Wie wird man allen gerecht? Dann die Adventskalender, am besten jeweils eigenhändig bestückt. Ist es nicht auch schön, sich dafür Zeit zu nehmen? Darin liegt auch Wertschätzung für den Anderen. „Als wir frisch verliebt waren, haben meine Frau und ich das für uns gegenseitig gemacht, einen Adventskalender“ sagt er und schaut verträumt, während er sich erinnert.

Wie also kommt man also zu den berühmten besinnlichen Stunden, zur Weihnachtsfreude, zur Entspannung, was immer wieder gewünscht wird, mündlich, in Briefen, auf Karten, in emails?

Was kann man/ich/Sie weglassen, so dass Zeit bleibt auch für Dinge wie Adventskalender, wirkliche Karten schreiben. Es ist doch alles eine Frage der Prioritäten. Die auch ich oft anders setze. Und ich finde es nur heraus mit Atemholen, kleinen Entspannungen im Alltagssausen. Auch ich muß immer wieder gucken, was ist wichtig, wo nehme ich mir Zeit für meine Liebsten…ihnen eine Freude zu machen, Liebe zu schenken. Und wo nehme ich mir Zeit für mich.

Zum Beispiel ist das Bestücken eines persönlichen Adventskalenders doch eine Art meditativer Beschäftigung, finde ich. (wenn man die Einkäufe erst einmal hinter sich hat) Man kann auch kleine weihnachtliche Inspirationstexte schreiben auf kleine farbige Zettelchen, die in die Taschen des Kalenders jeden Tag für eine inspirierende Überraschung sorgen. Das hat den Vorteil, dass es sogar kalorienarm ist!

Ebenso gut geeignet für ein vorweihnachtliches Besinnungsfeeling und meditativ für mich ist das Schreiben der Weihnachtskarten. Unabdingbar mit einem oder einigen persönlichen Sätzen verbunden. Ohne geht gar nicht. Ich lasse das vergangene Jahr Revue passieren, wo sind meine besonderen Verbindungen, wer hat mich in diesem Jahr begleitet, was war, wofür möchte ich DANKE sagen. Da kommen spannende Gedanken und Erinnerungen hoch. Ich finde, vorgedruckte Karten, auf denen nur unterschrieben wird, das bringt nix. Und eins habe ich mir fest vorgenommen, ich werde sie persönlich schreiben. Heute kamen zwei Karten mit der Post. Eine von meinem größten Kunden. Zwei anerkennende Sätze für meine Arbeit, neben dem Gedruckten, höchstpersönlich und eigenhändig vom Geschäftsführer. Ein Dankeschön. Dazu noch ein Jahreslos von der „Aktion Mensch“. Worüber habe ich mich wohl mehr gefreut, über das Los oder über die Worte? Gleichzeitig kam eine Weihnachtskarte mit einem vorgedruckten Gedicht, noch nicht einmal gut formuliert für mein Gefühl… mit dem Namen unterschrieben. Ja, gefühlt haben wir alle keine Zeit, und doch…wenigstens ein persönlicher Satz, das macht die Sache schon anders. Nehmen wir uns die Zeit dafür?

Dazu gibt es viele weihnachtliche Konzerte. Aber bitte, nicht irgendwo reingequetscht zwischen Termine, sondern mit Zeit hingehen und nachklingen lassen…

Und nehmen wir uns Zeit für uns? Seit Anfang dieses Jahres liebe ich besonders die Pausen, die Zeiten für mich ganz allein, kurz oder lang. Durch eine kleine Unterbrechung verlasse ich das Hamsterrad, auch das des Weihnachtsstresses. Das ist wunderbar! Ich genieße und merke, wie positiv sich das auch mein Leben auswirkt. Ich möchte das in Zukunft noch verstärken, weiter ausdehnen. Lange Weile. Diese Zeiten sind so wertvoll. Danach arbeitet man ganz anders. Wirkliche Entspannung. Und wenn ich sie mir nicht bewusst nehme, nehme ich sie unbewusst, indem ich unkonzentriert arbeite, nicht wirklich zuhöre, nicht bei der Sache bin.

Ich bezeichne mich immer als Kontaktjunkie. Ich liebe es, mit Menschen zusammen zu sein. Kontakt, gute Verbindungen, das ist für mich Lebenselixier. Und doch, irgendwann ist es sogar bei mir soweit, dann spüre ich die Sehnsucht nach Alleinsein, nach Ruhe. Gerade in dieser Zeit.

Dann wird es besinnlich.

Wir sitzen am Adventskranz, hören „unseren“ Messias oder das Weihnachtsoratorium von Bach, diese vertrauten Klänge, selbst schon mit unserer Kantorei gesungen und auch in der Nachbargemeinde. Oder die Weihnachts-CD von John Rutter, anders schön. In diesem Jahr haben wir nochmal von vorn mit der Erwin-Geschichte begonnen, weil wir die ersten zwei Male immer irgendwann aufgehört hatten, weil vermeintlich keine Zeit dafür war… 24 Adventskalendergeschichten von Gott, der sich in Erwins Gestalt, also der eines Bettlers, der auf der Straße lebt, seine Schöpfung anschaut, weil da ja so einiges schief läuft. Mein Schatz liest mir vor, das kann er so wunderbar – und das ist mein lebendiger Adventskalender. Besser als Schokolade… Jedes Kapitel nur so zwei Seiten und doch eine große Annäherung an das Wesentliche und auch an Weihnachten. Mit jedem Kapitel wird klar, wie glücklich wir uns schätzen können mit dem, was wir alles haben, wie gut es uns geht. Dann entsteht wahre Weihnachtsfreude.

Wo tanken Sie auf, wo füllen Sie Ihre Energie Reserven auf, was heisst für Sie besinnliche Zeit?

Ich wünsche Ihnen, dass Sie die leisen Töne der dunklen Tage, die doch vom Schein der Kerzen hell werden und eine ganz besondere Stimmung verbreiten, mit Aufmerksamkeit wirken lassen. Dann kann Weihnachten kommen.

 

PS

Nach meiner Geschichte kam übrigens zu der Karte mit der Unterschrift eine Neujahrskarte mit netten, persönlichen Worten. Danke dafür. Ja, ich habe gemerkt, es ist eine wirkliche Herausforderung, sich dafür Zeit zu nehmen. Bei allem guten Willen. Und: es lohnt sich, wie das feedback zeigt, wenn nur eine(r) nachdenklich geworden ist, ein(e) andere ihre Gefühle bestätigt sieht.

 

 

 

 

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