Was Musik bewirkt. Eine Geschichte für Eingeweihte.

Rot--weissMusik ist etwas Wunderbares. Es gibt Titel, die gehen direkt ins Herz und in die Seele. Oder in den Körper. Er fängt an zu zucken und ich muss mich einfach bewegen. Mir kommen die Tränen oder ich fange an zu strahlen.

Wenn es zuhause Streit gab und ich dann im Auto sitze, höre ich eins UNSERER Lieder und sofort spüre ich, wie die Liebe in meinem Herzen wächst und überfliesst. Was sollten diese dummen Diskussionen? Warum bin ich doch wieder ausgerastet? Da ist doch die Liebe, verknüpft mit diesem Text, dieser Musik. Da ist das Lied von dem Piratenpaar, das durch alle Stürme kommt und dem nichts wirklich etwas anhaben kann. Kein Sturm, keine Wellen. Wir tauchen wieder auf nach dem Unwetter – und alles ist in Ordnung. Dieses Piratenlied ist es. Jetzt besonders. Von der berühmten Sängerin, die ich lieber höre anstatt sehe. Mir geht das Herz auf. Das Stück ist neu in unserem Repertoire. Es markiert den Wiederbeginn. Ich wünschte es mir für meinen Schatz und als Carlo mich interviewt, auf seine witzige Art und es dann ansagt, werden das ganz ganz ganz besonderere Minuten. Unvergeßlich.

Und auch die alten Titel oder auch Werke, unser Händel vor allem. Der uns im vergangenen Jahr 2013 so nahe gekommen ist. Jeden Ton haben wir von allen Seiten betrachtet, gedreht, geprobt – bis es „saß“. Jetzt haben wir die Aufnahme als CD bekommen, und wenn ich sie höre, singe ich sofort mit. Und alles ist wieder da. Zusammen, ja sogar Seite an Seite nebeneinander dieses wunderbare vielseitige Werk aufzuführen, was für ein Geschenk!  Ok, danach ist meine Stimme komplett weg, aber was solls. Das Herz strahlt dafür umso mehr. So ein Stück „arbeitet“ wenn man daran probt. Es geht über in Herz und Nieren. Auch das „WO“, das Weihnachtsoratorium von J.S.Bach, inzwischen zweimal selbst aufgeführt, hat sich dabei verändert. Es wird zu einem Stück von einem selbst. So vertraut. So nah. Einverleibt. Und sogar ein Werk wie die moderne „Mass of the Children“ von Rutter, einem Zeitgenossen, geht irgendwann ins Ohr und wird auf seine Art schön und hör-bar. Oder jetzt gerade Heinrich Schütz und seine Matthäus Passion. Knapp und heftig die kurzen Stücke. Zack. Es trifft voll uns Herz. Treibt voran, weiter, weiter intensiver. Die Wut, die Trauer, die brodelnde Menge. Wir gut, dass kurz darauf Ostern folgt, die Erlösung.

Und auch scheinbar oberflächliche Songs gewinnen Bedeutung, ich mag sie, weil sie für mich Wegbegleiter sind. Zum Beispiel ganz oben the one and only „Erst willst Du mich, dann willst Du nicht“ – der Name war am Anfang Programm. Dann zeigte er sich noch einmal schmerzhaft wieder. Nur kurz, was für ein Glück. Wie, um zu erinnern, das Kostbare besser zu pflegen. Achtsam zu sein. Aber auch: einfach weiter lieben, nicht aufgeben. Dranbleiben und zeigen „hey, ich bin immer noch da.“  Trotz allem. Denn da ist ja meine unerschütterliche Zuversicht. Ich kann mich hundertprozentig auf sie verlassen, auch, wenn ich mich allein und verlassen fühle, Zwischen bodenloser Traurigkeit und dieser Zuversicht schwanke ich einige Tag. Endlose Tränen und befreiendes Lachen. Das kann doch alles nicht wahr sein. War es wahr? Oder ein schlechter Traum? Heute ist alles wieder gut, nein, viel besser, schön, so schön – und die Musik katapultiert mich zurück ins Jahr 99, Dezember in Berlin. Die Kirche, der Messias. Der rundliche Dirigent im schwarzer Hemd, das locker über der Hose hängt. Wir auf der Empore, berachten es von oben. Unvergessen dieser Abend, ein Meilenstein. Diese Tage, die Intensivierung der Gefühle. Schon die Fahrt, damals im Zug, ungewohnt, allein im Abteil. Der Messias – seitdem unser Wegbegleiter, mindestens einmal im Jahr im Konzert. Und natürlich zuhause. Weisst Du noch? Genauso wie der großartige Händel. Im Herbst gibt es ein neues Stück Händel. Ich bin gespannt, ob es uns auch so ans Herz wächst.

Oder auch „Paradise“. Und „Ein Stern, der Deinen Namen trägt“. Der Stern markiert das Jahr 2007, Juni. Und ein wunderschönes Jahr. Zwei in einem Boot. Das passt doch zu den Piraten! Und auch „Cowboy und Indianer“, Schnulze, wild, verrückt, so wie ich oft. Wir rauschen mit Schwung durch den Raum. Herumwirbelnd strahlen wir uns an. Ja, DU bist es!

Manche mögen den Kopf schütteln über diese Mischung. Für mich ist sie genau richtig.

Und dann gibt es Titel, die mir sofort schlechte Laune machen und mich wütend und traurig stimmen. Ich werde von jetzt auf gleich mißtrauisch. Wirklich alles erledigt?

Ich denke dann, wenn ich diese Titel wieder hören kann, ohne Groll, dann ist es endgültig überstanden. Es ist ja schon viel besser geworden. Die Erinerung verschwimmt und die schmerzhaften Tage verblassen. Es gibt so viel Grund für Dankbarkeit und Freude. Liebe und Schönheit. Und wenn durch ein Musikstück etwas von dem kurzen Drama wieder aufsteigt, dann höre ich eine zeitlang zu. Solange wie ich es aushalte.

Und dann schalte ich um.

Auf die Piraten.

Auf den neuen Kurs.

In Richtung Liebe.

Ich öffne mein Herz und meine Arme. Ich suche all mein Vertrauen zusammen und sehe mit den Augen der Liebe. Schliesslich ist er hier. Das sagt doch alles?

Denn

„Piraten wie wir, die können keine Schlacht verliern,
Piraten so wie wir, die können niemals untergehn.
Piraten wie wir, die segeln Richtung gegen den Wind,
Ergeben sich nie, weil Träume unbesiegbar sind.
Wir segeln den Sternen entgegen mit Kurs auf das Himmelszelt,
Wir schärfen die Säbel, die nacht durch den Nebel in unsre Welt.
Der Sonne entgegen, wir lieben das Leben, kein Weg zu weit.
Piraten wie wir werden sich nie ergeben, für alle Zeit.
Wir entern die Liebe, wir kapern das Glück,
Lassen Juwelen und Silber zurück,
Auf tosenden Meeren, wir geben niemals auf
Piraten wie wir, die können keine Schlacht verliern,
Piraten so wie wir, die können niemals untergehn.
Piraten wie wir, die segeln Richtung gegen den Wind,
Ergeben sich nie, weil Träume unbesiegbar sind.“

(Andrea Berg)

29.03.2014

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