Heimatlos ??

Als ich wieder zuhause ankomme, ist es 21.30h. Seit 9h bin ich unterwegs. Der Tag lief anders als geplant, jedenfalls teilweise. Unterwegs höre ich Nummer 5 meiner Erfolgs CDs und wiederholt den Satz, der am Anfang etwas schräg rüberkommt.

Wenn Du möchtest, dass sich etwas in Deinem Leben ändert, musst Du etwas in Deinem Leben ändern.  (Jochen Weiss)

Eine Binsenweisheit? Irgendwie schon. Es geht dabei auch um ganz einfache Dinge. Putze die Zähne mal mit der anderen Hand. Nimm eine andere Route zum Ziel, nicht die vertraute, gewohnte.

Es gibt viele Möglichkeiten, neue Energie ins Leben zu bringen.

Ich überlege, auf dem Rückweg nicht Autobahn zu fahren, sondern Bundesstrasse. Ich liebe die Fahrten übers Land, heute wäre es dann sogar zeitweise am Deich. Von Büsum nach Pinneberg. Mal schauen. Dann könnte ich sogar einen kleinen Stopp in Borsfleth einlegen, eine Freundin und Geschäftspartnerin aus Hamburg ist hierher gezogen. Gestern telefonierten wir und sie sagte, komm doch mal wieder vorbei! Wie passend! Ich wollte mich aber jetzt auf der Hinfahrt nicht festlegen, erst einmal abwarten, wie der Tag in Büsum wird.

Aber eigentlich sollte diese Geschichte ja vom Ankommen handeln, vom Nachhause kommen, von „zuhause fühlen“.  Davon, das Glück in mir selbst zu finden.

Als ich zuhause ankomme, betrete ich das stille, halbdunkle Haus. Zunächst die Sachen aus dem Auto holen. Jule wandelt schnurstracks in die Küche und schlabbert ihr Wassernapf leer. Für sie war es auch ein sehr aufregender Tag, vielleicht noch mehr als für mich. Ich fülle es gleich nach. Dann alles auspacken und alles an seinen Platz bringen. Einkäufe in den Kühlschrank, den Spargel feucht einwickeln. Vorher das Licht einschalten. Und das Radio… es ist so still hier! Dann umziehen, die weisse Hose und das geringelte Sweat Shirt gegen den kuscheligen homedress tauschen. Feierabendgefühl! Auch am Samstag. Es wird schon gemütlicher. Jule bekommt noch eine Portion Hundewurst und verputzt sie im Handumdrehen. Dann zünde ich die Kerzen auf dem Couchtisch an. Das orange-bunte, rundliche Glas verströmt ein anheimelndes, warmes Licht. Ich betrachte meine Notizen. Meine Freundin in Büsum macht Reiki und ist und Heilerin. Sie hat mit dem Tensor gearbeitet und Dinge gerade gerückt. Aufgelöst, was nicht mehr gebraucht wird. Ich bin gespannt auf die Wirkung, auch wenn ich heute – das erste Mal in diesem Zusammenhang ?- dachte, es ist alles gut, ich brauche das gar nicht. Dennoch bin ich immer neugierig, was sie herausfindet. Und wie es wirkt.

Da geht es um heute meine Entscheidungsfähigkeit und auch um mein Verlassen sein, verlassen werden, stehen gelassen werden, hinausgeworfen.

So eine Situation hatte ich Anfang dieser Woche, die mehr anfangs sehr zu schaffen machte. Zwei dazu passende Situationen sind sofort präsent, eine aus der jüngeren und eine aus früher Vergangenheit. Im Moment, einen Tag später, fühlt sich alles gut an.

Dazu Thema Amrum…das Familienhaus. Ich berichte von den jüngsten Entwicklungen, sie meint, da ist noch was. Heimatlos, dieser Begriff fällt. Der ist hängengeblieben. Ich, heimatlos? Wie, warum, was? Erstmal sagt es NEIN in mir, dann lasse ich das Wort sacken. Jedes Wort bringt einen Gedankenprozeß in Gange. Deshalb ist wohl das Ankommen heute anders. Ich bin mehr bei mir. Aber heimatlos? Ich dachte immer, ich habe zwei Zuhause, einmal hier bei Hamburg und das andere auf Amrum, was mir seit jüngster Kindheit vertraut ist. Wie ein zweites Zuhause eben.

Und nun heute hier, allein. Mit Jule, unserem Hund zwar, schon. Wie schön, dass sie da ist! Aber mein Schatzi ist segeln. Und ich hab ihn eben kurz gesehen, im Kreise seiner Segelkumpane. Da war wirkliche Nähe nicht drin, und die hatte ich mir so vorgestellt. Trotzdem war ich ganz glücklich und aufgeregt wie beim ersten Date, als er heute nachmittag nochmal anrief, sagte, wir sind in Borsfleth. Ah, antwortete ich und wartete. (das ist neu!) Du kannst ja auf dem Rückweg vorbeikommen?! Klar, gern! Ich freute mich wie vor dem ersten Rendevouz… vielleicht wie vor dem denkwürdigen Tag 2011? Da sind Gefühle verknüpt, die jetzt aufkommen. Die schönen. Borsfleth… wollte ich da nicht sowieso auf dem Rückweg lang?

Wir gut, dass ich gestern freundlich ablehnte, als Anne fragte, ob ich abends in Büsum mit Doppelkopf spielen wolle. Ich hatte kein klares Ja – trotzdem brauchte ich einen Moment das auszusprechen und klar zu entscheiden.

Lange habe ich mir schon vorgenommen, nur JA zu einer Einladung zu sagen, welcher Art auch immer, kostenpflichtig oder kostenfrei;-), nur JA, wenn ich das JA ganz klar spüre. Jetzt bin ich froh. Hätte ich ja gesagt, könnte ich jetzt nicht die Männer besuchen…

Und nochmal zurück zum Ankommen. Das Wiedersehen hat mich aus meiner Woche allein sein herausgeholt, da war wieder ein Stück Alltag und auch Vertrautheit in diesen Tagen mit mir allein. Zweisamkeit. Da war ich wieder Partnerin und Ehefrau für zwei Stunden, Jule eher wieder sein Hund. Normale, gewohnte Veraltensweisen, die plötzlich anders auffallen. Ja, ich hab mich wahnsinnig gefreut auf einen langen Kuß (der dann etwas kurz ausfiel für meine Geschmack), auf eine Umarmung. Und doch schätze ich diese Tage, wo ich mehr zu mir komme, lerne das zu geniessen, auch wenn ich viel unterwegs bin. Eine ganz liebe Freundin habe ich am Himmelfahrtstag besucht. Ja, in den Gesprächen mit Freundinnen komme ich ja auch zu mir, finde mich, komme mir näher. In Gesprächen mit ihm bin ich oft in einer Verteidigungshaltung, in einer Diskussion. Da bin ich eher bei mir im gemeinsamen Schweigen und zusammensein auf anderen Ebenen… So hat ja alles seine Berechtigung und schöne Aspekte.

Ja, ich schätze jetzt diese Tage für mich und hoffe, beim nächsten Mal kann ich einfach aus vollstem Herzen sofort ja sagen, wenn er zum Segeln eingeladen wird. Und nichts neiden. Meinem Ego Einhalt gebieten, wenn es sich bemerkbar macht mit „ich will auch etwas tolles erleben“, ich will auch verreisen. Reisen, ob kurz oder lang, sind für mich das Größte. Und doch, diese Tage zeigen mir neu etwas Anderes, auch Wichtiges. Ich bin dankbar für die Erfahrung dieser paar Tage und nehme etwas mit davon in meinen Alltag, wenn wieder Zweisamkeit angesagt ist. Beides im Einklang. Eigenes und Gemeinsames. Es ist möglich, so dass beide glücklich und zufrieden sind.

Übrigens, heute morgen rief er an, sie kommen bereits heute zurück…

 

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