Als sie das Buch aufschlug

Als sie das Buch aufschlug und die Zeilen las, schmunzelte sie.. 

diese Aussage traf genau das, was ihrem Denken entsprach und was sie zur Zeit am meisten beschäftigte. Dort stand :” Gute Gespräche bringen mich weiter und inspirieren mich” Immer wieder war sie begeistert, in einem Buch quasi sich selbst zu entdecken. Das machte für sie ein gutes Buch aus. Ein Satz, der die Seele, das Herz trifft, Wo man das Gefühl hat, mit dem Autoren eng verbunden zu sein. Als hätte er in ihre Seele geschaut.

Mehr, mehr von diesen Sätzen. Wie ein Spiegel, in den man hineinschaut und sich selbst entdeckt. Entdeckt plötzlich Dinge wieder, die verschüttet waren, an die man sich in diesem Moment erinnert und die einen näher an den eigenen Kern bringen. Manchmal scheinen Dinge wichtig, treten dann in den Hintergrund. Vermeintlich Wichtigeres nimmt den Platz in der ersten Reihe ein. Das Thema vorher verschwindet in einem Raum, die Tür ist zu.. Erst der Blick in den Spiegel, in diesem Fall durch das Buch, lässt die Tür wieder aufgehen und das vergessene Thema spaziert wie neu ins Licht. So etwas kann mit Sätzen aus Büchern passieren, in einem Gespräch oder durch einen Satzfetzen, der mich in einem Cafe vom Nebentisch anfliegt. Eine Botschaft für mich aus dem Radio auch oder vom Fernsehschirm. Ein Geschenk, kann man sagen. Eine Inspiration.

Manchmal stellt man sich die Frage, ob diese Impulse von aussen sein müssen.. Können diese Dinge auch in der Stille entstehen, wenn man sich die Stille gönnt? Ideen zeigen sich manchmal wie Schaumkronen auf dem Meer.. Sie sind kurz zu sehen, gehen unter und tauchen an anderer Stelle wieder auf. Wenn man Glück hat. Und die richtige Inspiration.. Ein Buch, ein Satz, ein Gedanke, eine Erinnerung.

Während sie diesen Gedanken nachhing, schaute sie schaute aus dem Fenster,, es hatte seit drei Tagen nicht aufgehört zu regnen. So langsam schien der Regen die Konturen aufzuweichen. Ihr schien, als sorge das ständig fliessende Wasser dafür, dass auch in ihr etwas in Fluss kam. In den Tropfen an der Scheibe brach sich das Licht. Die Wirklichkeit erschien ganz klein oder verzerrt. Sie floss quasi an der Scheibe hinunter. Jeder Tropfen ein Thema ihres Lebens. Schon lange überlegte sie, wie es damit weitergehen sollte.

Was ist der nächste Schritt, wohin wollte sie? Es schien, als wäre sie an einer Art Grenze angekommen, die es nun zu überschreiten galt. Wie hatte ihr neulich jemand gesagt? Es geht nicht mehr zurück, es geht nur noch voran. Aber wohin? Manchmal war die Gegenwart schön, sie fühlte sich wohl und war im FLOW wie es so schön auf neudeutsch heisst, Dann wieder hatte sie den Eindruck, sich entscheiden zu müssen. Das verursachte ihr  Unbehagen. Es kribbelte und sie wollte weglaufen. Aber wohin? Das eben war nicht klar.

Vielleicht dazu wieder ein Buch aufschlagen? Kann man sein Leben so dem Zu-Fall überlassen? Mit dem Kopf war sie jedenfalls bisher nicht weitergekommen.

Musste sie jetzt überhaupt etwas ent-scheiden? Immer wieder gab es hinweise, zu vertrauen, die Dinge sich zu überlassen und zu schauen was kommt. Vertrauen, ihr neues Lieblingswort. Es sollte nicht nur ein Wort bleiben sondern sie wollte das leben. Vertrauen. An die Fügung von oben glauben. Nicht mit Gewalt etwas wollen. Weniger wollen wollen. Mehr lassen, dürfen, schauen. Sie merkte, das sie im Moment noch nicht wusste, wo die Reise hinging. Aber vielleicht war es ja gerade das! Sie schaute versonnen aus dem Fenster. In einiger Entfernung war der blaue Himmel zu sehen, das Schiff bewegte sich darauf zu, Langsam wandte sie den Blick vom Fenster und sah die anderen Passagiere, als wären sie gerade erst eingestiegen. Ihr war, als käme sie aus einer anderen Welt. Dabei war sie vor einer Stunde erst von der Insel aufgebrochen, Von dieser Insel, die sie von Mal zu Mal mehr wie zuhause empfand und die sie bei jedem Aufenthalt mehr anzog. Die den Gedanken entstehen lies, wie es wäre, immer hier zu leben. Ob sie das könnte, bei ihren intensiven Kontakt-Bedürfnissen? Leben, hier in der Abgeschiedenheit mit den Naturgewalten? Würde sie dann mehr mit sich selbst in Kontakt kommen, mehr bei sich ankommen? Wäre dann endlich alles gut? Nicht immer neue Ideen, neue Impulse, neue Projekte? Es gab im Moment darauf keine Antwort.

Nur dieses Gefühl, das ihr den Abschied immer schwerer machte. Wenn sie ein paar Tage in der Stadt war, war dieses Gefühl wieder weg. War sie dort auch glücklich? Oder verdrängten die Alltagspflichten und Rituale nur die darunterliegende Sehnsucht? Sie wusste es nicht. Das Leben auf der Insel kannte sie ja nur immer für ein paar Tage.. Im Urlaub.. Meist im Sommer. Immer dort? Es gab eine Anziehung und gleichzeitig eine Angst.

Das ist wohl immer so mit neuen Dingen. Morgen würde sie in eine Buchhandlung gehen und ein Buch aufschlagen. Sie spürte ein leises Kribbeln im Bauch bei dem Gedanken daran, was dort wohl zu lesen war. Sie stand auf, zog ihre Jacke an schaute noch einmal aus dem Fenster. Dann verließ sie den Salon und stieg die Treppe hinauf nach oben. Der Regen hatte tatsächlich aufgehört und die Sonne blinzelte durch die Wolken. Ein warmes Glücksgefühl durchströmte ihren Bauch und lies sich tief durchatmen. Bald würde sie wieder herkommen und irgendwann würde sie die Antwort wissen. Sie trat an die Reling und schaute zurück auf die Insel, die immer kleiner wurde.

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