Bahnübergang

Kaum waren die ersten Sätze gewechselt. hing schon wieder die bekannte dunkle Wolke über ihnen. Was passierte da? Wie konnte das sein? Was ihr mit Anderen scheinbar mühelos gelang und leicht fiel, nämlich zu fragen, Interesse zu haben, neugierig zu sein, Verbindung zu schaffen, mit IHM schien es zur Zeit schier unmöglich. Sie seufzte und kratzte sich am Kopf. Heute morgen hatte sie doch schon eine neue Erfahrung gemacht. Immer dasselbe Spiel. Beide wollten etwas haben. Davon war sie fest überzeugt. Dieses „haben wollen“ stand dem wirklichen Kontakt ihm Weg. Es war wie eine Schranke an einem Bahnübergang, die Gleise trennten ihre und seine Welt. Eine Träne rollte über ihre Wange. In solchen Momenten sehnte sie sich nach den ersten Monaten ihrer Beziehung.
Die meiste Zeit jedoch waren die Schranken hochgeklappt und man konnte die Gleise überqueren. Die MÖGLICHKEIT war jedenfalls gegeben. Sie schaute auf die Uhr. Die Minuten vergingen. Wie sehnte sie sich nach wirklichem Miteinander, nach gemeinsamem Lachen, nach schwereloser Nähe, nach Zärtlichkeit und liebevollen langen Augen-Blicken. Sie blinzelte ins Wasser, in dem sich die Sonne gleissend spiegelte. Die Welt war so schön! Sie hatte jeden Grund, glücklich und dankbar zu sein. Gerade angesichts des Unglücks anderswo auf diesem Planeten in diesen Tagen. Doch in ihrem Kopf war es gerade grau und zäh. Voller Zuversicht und mit guten Ideen war sie zu diesem Ort gekommen, genau wie gestern Abend nachhause. Die guten Ideen waren nach den ersten Sätzen jäh verpufft, die romantischen Vorstellungen verwandelten sich in einen Kloß, der ihr die Kehle zuschnürte. So saß sie eine Weile gedankenverloren da, bis sie es endlich schaffte, tief durchzuatmen. Das Dunkel in ihrem Kopf begann sich ein wenig zu lichten. Er war gerade für eine Weile verschwunden. Plötzlich schien ihr alles lächerlich. Morgen gibt es einen neuen Versuch. Sie musste anfangen. Sie nur konnte an der Situation etwas ändern. Entschlossen fuhr sie sich mit den Händen durchs Haar. Als er wiederkam, lächelte sie ihn an. Wir kriegen das hin dachte sie. Ich kriege das hin. Ich weiss, was es braucht.

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